Lisa hatte lange gewartet – zu lange. Sie senkte den Blick und betrachtete ihr Spiegelbild auf dem nassen Asphalt. Ihre eleganten Wildlederpumps waren kurz davor, sich auf zu lösen. Wo blieb dieser Kerl nur? Gestern Abend am Telefon schien alles noch ganz einfach gewesen zu sein. Daniel hatte fröhlich und unbeschwert geklungen. Sie hatten ein bisschen Smalltalk gehabt – erst unter dem üblichen Druck wohlüberlegt zu sprechen und keine Pausen entstehen zu lassen. Dann wurde die Unterhaltung flüssiger. Daniel hatte Humor und Spontaneität gezeigt und war auf ihre Fragen eingegangen. Er war ein guter Zuhörer. Sie sah im Geiste sein Bild, wie er sie in der Bar angesprochen hatte: Blond, groß, mit offenen Augen. Er hatte sie um Feuer gebeten, weil er gesehen hatte, dass sie rauchte. Dann ein paar unverfängliche Worte, nicht die übliche dumme Anmache. Sie hatte ihn spontan sympathisch gefunden. Er hatte ein bisschen über sich erzählt – selbstbewusst ohne große Töne zu machen. Als er sich verabschiedete – er habe noch einen Termin – hatte sie sich gewünscht, er wäre noch geblieben. Man hatte Telefonnummern ausgetauscht und auf dem Heimweg fühlte sie sich leicht und beschwingt.
Und jetzt? Lisa war pünktlich gewesen. Der verabredete Treffpunkt neben dem großen Hotel hatte sie zunächst irritiert, aber Daniel hatte gesagt, er wolle ihr etwas zeigen, eine Überraschung. Lisa liebte Überraschungen. Als sie das Haus verließ, war das Wetter noch warm und sonnig, doch als sie das Hotel erreichte, begann es zu regnen.
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