Die schwere Limousine glitt durch Hamburgs frühen Feierabendverkehr. Der weißhaarige alte Mann auf dem Rücksitz öffnete eine schweinslederne Tasche und entnahm ihr einige Papiere, die er sorgfältig auf dem Sitz neben sich ausbreitete. Er zog eine altmodische Hornbrille aus einem Lederetui und begann aufmerksam die Akten zu studieren.Die Limousine hielt an einer Kreuzung. Der Fahrer wandte sich um: "Nach Poppenbüttel?" Der weißhaarige hob den Kopf und nahm die Brille ab. "Rieger, ich würde heute gern noch einen kleinen Umweg machen…" Der Fahrer nickte und die Ampel sprang auf grün. Die Limousine wechselte die Spur. Nach einigen Minuten durchquerte der Wagen ein großes schmiedeeisernes Tor und rollte auf einer Asphaltstraße durch eine parkartige Landschaft. Der Mann im Fond verstaute die Papiere in der Aktentasche und steckte die Brille an ihren Platz. Die schwere Limousine hielt unaufgefordert. Beim Aussteigen beugte er sich zu dem Fahrer: "Es dauert nicht lange, Rieger".
Er ging einen kurzen, mit blühendem Rhododendron bewachsenen Parkweg, der am Ende auf eine Gabelung traf, wandte sich nach links und schritt zügig über eine Rasenfläche. Vor einer Reihe von Gräbern hielt er inne. Einen Moment suchte sein Blick die richtige Stelle. Er trat an ein Grab, das von einem Efeugeflecht bedeckt war und kaum mehr zu erkennen war.
Richard Klussmann bog den Efeu auseinander und wischte mit der Hand über den bemoosten Granit. Eine Weile stand er bewegungslos und las die Schrift auf dem Stein.
Hans Haigis –
Du bliebst auf See.
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