"Blind Writing" habe ich diesen Schreib-Prozess getauft. Ich schreibe eine Szene, die Anfang, Mittelteil oder auch das Ende einer Geschichte sein könnten. Die Story selbst kenne ich nicht. Die Geschichten werden sich mit der Zeit entwickeln und miteinander verbinden.
Copyright aller Texte: Michael C. Wagner

Dienstag, 3. Juni 2008

Fade to Black

Die Dunkelheit kam ohne Vorwarnung. Keine Dämmerung hatte sie angekündigt, kein Versiegen des Lichts war ihr vorausgegangen.

Entsetzt suchten Haigis Augen die Uhr an seinem Handgelenk. Die Leuchtzeiger glimmten in einem matten grün und gaben ihm für einen Moment einen letzten Rest Sicherheit im Universum des Schreckens. Fünf Uhr dreißig! Innerhalb von dreißig Minuten war es hellster Tag und dann wieder tiefste Nacht geworden. Ein eisiges Frösteln überfiel ihn trotz der tropischen Temperaturen auf der Brücke.

„Kaptain?“ Die Stimme zu seiner linken gehörte Wong. Aufkeimende Furcht schwang in ihr. „Ja!“ antworte Haigis tonlos und tastete sich nach vorne zum Brückenfenster. Dabei stieß er gegen ein weiches Hindernis. Seine Finger fühlten den Stoff eines Hemdes. „Sind Sie es, Vellmann?“ Lars Vellman antwortete nicht, Haigis vernahm nur das Geräusch seines schweren Atems und er roch ein billiges Rasierwasser, das sich mit Vellmanns Angstschweiss vermischte. Haigis drängte sich an ihm vorbei bis seine Hände die Holzreling unterhalb des Brückenfensters ertasteten. Er bewegte vorsichtig den Kopf und berührte die Scheibe mit den Fingerspitzen, um nicht gegen sie zu stoßen. Er kniff die Augen zusammen, schloss sie für einen Moment und öffnete sie dann wieder. Kapitän Haigis sah dorthin, wo das Meer sein musste.- keine Sterne, kein Mond, nicht der Hauch eines Lichts fielen auf seine Netzhaut.

Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns. Die Zeilen des Gebetes drangen in sein Hirn, während sich seine Finger um die blank gescheuerte Reling krallten. Sein Mund wurde trocken und eine unangenehme, trockene Hitze wallte in ihm auf. Hinter sich aus Richtung der Tür, vernahm er ein schwaches Gemurmel. Wortfetzen in Spanisch drangen an sein Ohr und obwohl er die Sprache nicht verstand, wusste er, dass Carlos Mendozza betete.

Keine Kommentare: